„Hausmeister sein ist Einstellungssache“ – Manfred Scholze arbeitet seit 33 Jahren an der Annenkirche Dresden
2. August 2023
Manfred Scholze trägt weiße Handschuhe und putzt das Abendmahlsgeschirr. „Vieles von dem, was ich tue, passiert im Hintergrund“, sagt er. Eine Weinkanne ist beinahe 400 Jahre alt. Im Jahr 1656 wird sie der Annenkirche, dem ersten protestantischen Kirchenneubau Dresdens, gestiftet. Seit 33 Jahren arbeitet Manfred Scholze hier. Damit ist er der wohl dienstälteste Kirchenhausmeister der Stadt. Nach einer Lehre als Tischler verletzt er sich in diesem Beruf und überlegt zum Krankenpfleger umzuschulen. Der Kirche fühlt er sich nah: nach Kindergartenzeit in einer evangelischen Kita und seiner Konfirmation engagiert sich Scholze in der Jungen Gemeinde der Apostelkirche. Schon da übernimmt er ehrenamtliche Küsterdienste.
Als er erfährt, dass an der Annenkirche ein Hausmeister gesucht wird, bewirbt er sich erfolgreich. Bei der Einarbeitung begleitet ihn Günter Seidel. Dieser – inzwischen längst im Ruhestand – wirkt seit 60 Jahren und inzwischen ehrenamtlich als Kantor an diesem Gotteshaus.
Inzwischen kennt Scholze die Kirche unweit des Postplatzes ebenfalls wie seine Westentasche. „Aber auch ich musste in die Arbeit hineinwachsen,“ sagt er. Der Job ist umfassend: Sachen reparieren, Anlagen prüfen und warten, Handwerker betreuen und Reinigungsarbeiten gehören dazu. Manchmal gilt es zu improvisieren. Oder spontan zuzupacken, selbst wenn er einen festlichen Anzug trägt.
„Hausmeister zu sein ist auch eine Einstellungssache“, meint Scholze. Man müsse Dinge sehen können, auch Details, und da sein für die Menschen. „Wer die Kirche besucht, soll sich aufgehoben fühlen“, sagt Scholze, der stets Wert legt auf einen freundlichen Umgangston. Er freut sich, Besucherinnen und Besuchern die Kirche zu zeigen.
Selbst pazifistisch eingestellt, wird der große kräftige Mann, der ein wenig an den Wildhüter Hagrid aus den Harry-Potter-Filmen erinnert, einmal in der Kirche geschlagen. Es war ein Dieb, der die Kollekte stehlen wollte.
Vieles hat Manfred Scholze erlebt an der Annenkirche: einen Jugendgottesdienst in den Achtzigern, nach welchem der damalige Pfarrer Siegfried Reimann von den sozialistischen Machthabern einbestellt wurde. Oder Andrang in der Kirche: „Bei Regine Hildebrandt war es voller als zu Weihnachten. Aber ich musste auch zusehen, wie das Gemeindeleben erstarb, als in den Neunzigern viele junge Menschen in den Westen Deutschlands gingen.“ Inzwischen aber sei durch viele Neubauten in der Friedrichstadt, wo Hausmeister Scholze inzwischen auch die Matthäuskirche mit betreut, wieder einiges am Entstehen.