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Lebensraum Kirchturm – Zuhause für geflügelte Bewohner


12. August 2021

Ob große Vögel wie Dohlen, Turmfalken, gar Schleiereulen, oder kleinere Vögel wie Mauersegler, Spatzen oder der Hausrotschwanz – unsere Kirchen bieten vielen gefiederten Bewohnern Nistmöglichkeiten und ein Heim. Etwa zwei Drittel der Dresdner Gotteshäuser beherbergen zudem Fledermäuse, darunter das Graue und das Braune Langohr sowie das Große Mausohr.

NABU-Plakette

Die Apostelkirche Dresden-Trachau trägt die NABU-Plakette „Lebensraum Kirchturm“: In dem 1929 geweihten Gotteshaus mit seinem 31,65 Meter hohen Turm sind Fledermäuse, Mauersegler und Turmfalken zu Hause.

Naturschützerin Petra Zimmermann hat neue Nistplätze entdeckt. Im Hintergrund die Apostelkirche Dresden-Trachau mit Nistkästen für Mauersegler und Turmfalken (gelb markiert). Bild: M. Körlin

Die Nistkästen der Mauersegler oberhalb der letzten Fensterreihe sind aus Holzbeton und haben eine schlitzartige Öffnung. Manchmal brüten darin auch Sperlinge. Noch weiter oben, inmitten der Schall-Lamellen des Glockenturms, befindet sich der Nistkasten für die Turmfalkenfamilie. Mit Muskelkraft lässt sich der 15 bis 20 Kilogramm schwere Lattenrahmen von innen bewegen, beispielsweise um ihn zu reinigen oder zum Beringen der Jungtiere.

In diesen Wochen sind viele Turmfalkennistkästen gefüllt mit kleinen grauen Federbällchen – Turmfalkenküken schlüpfen seit  Mai. „In diesem Jahr zieht es sich“, sagt Petra Zimmermann. Die 62-jährige ist eine von 1.100 Bürgerinnen und Bürgern vom ehrenamtlichen Naturschutzdienst in Sachsen und Artbetreuerin für Turmfalken und Biber. Für beide Gattungen ist sie im Auftrag des Dresdner Umweltamtes unterwegs: beobachtet, berät und dokumentiert.

Gerade ist bei ihr Hauptsaison für die Greifvögel. „Mich kennen alle Dachdecker“, sagt Petra Zimmermann. Sie wird gerufen, wenn bei Bauarbeiten Brutstätten von Turmfalken gefunden werden oder sich ein Küken während der Ästlingsphase scheinbar nicht weiter traut. Das ist der Zeitraum, in dem die Jungvögel noch nicht voll flugfähig sind, sich aber bereits den Weg aus dem Nistkasten gefunden haben.

Als ursprünglicher Felsbewohner haben Turmfalken in Städten neben hohen Häusern besonders die Kirchtürme für sich zum Brüten entdeckt – vorausgesetzt, eine zugängliche Öffnung oder Nische bietet ihnen dafür Platz. Nach der Sanierung der Gebäude werden inzwischen vielerorts Nisthilfen aufgehangen. Dresden ist dabei bundesweit Vorreiter. Frau Zimmermann berät diesbezüglich und arbeitet eng zusammen mit Kirchgemeinden, Wohngesellschaften oder Hotels und dem NABU. „Ich habe mich immer schon für Vögel interessiert“, sagt sie. Beim Gang um die Apostelkirche erzählt ihr jedes Detail auf dem Boden etwas anderes: Eine große Feder zeugt von der Mauser. Viele kleine Federchen lassen vermuten, dass dort ein Singvogel gejagt wurde. „Manchmal fressen die Turmfalken die Küken der Mauersegler“, erklärt die resolute 62-Jährige. Sie schwärmt von der phantastischen Sehkraft der Turmfalken: „Wenn ich meine Kamera zücke, schauen sie direkt ins Objektiv“, sagt sie und schmunzelt. Das laute Geläut der Glocken jedoch stört die Vögel gar nicht. „Das sind sie gewöhnt“, so Petra Zimmermann.

Mira Körlin

Beringung eines Turmfalkenkükens an der Versöhnungskirche Dresden-Striesen (Bild: J. Strümpfel)