„Umbruchsgeschichte(n) 1989/90“: Die Evangelisch-Lutherische Johannes-Kreuz-Lukaskirchgemeinde sucht Zeitzeug*innen
14. Mai 2020
Für das Projekt „Umbruchsgeschichte(n) 1989/90“ werden ab sofort Zeitzeug*innen gesucht. Aufgerufen sind Menschen, die sich 1989/90 im Umfeld der Dresdner Innenstadtkirchgemeinden in der Friedlichen Revolution engagiert haben und von ihren eigenen Erinnerungen erzählen oder diese aufschreiben wollen. Ihre Erfahrungen und Erinnerungen an diese Zeit werden im Projektverlauf Ausgangspunkt einer Fotoausstellung und generationenübergreifender Gesprächsformate sein.
Dieses Gemeindeprojekt startete parallel zu dem am Jahresanfang vollzogenen Zusammenschluss der drei großen Dresdner Innenstadtgemeinden. Die drei früheren Gemeinden haben ihre jeweils spezifische Bedeutung für die Friedliche Revolution und die Demokratisierung in der Stadt Dresden: Die Kreuzkirche ist als Wahrzeichen der Stadt Dresden national und international bekannt, die Lukaskirche war bereits vor 1989 ein renommierter Ort für Musikaufnahmen. Gemeinsam mit der St. Trinitatiskirchruine waren alle drei Kirchen in ihren Stadtteilen zentrale Orte der Friedensbewegung der 1980er-Jahre und Ausgangspunkte der friedlichen Demonstrationen 1989. Daher ist es auch das Ziel der „Umbruchsgeschichte(n) 1989/90“ zu fragen, welche Rolle Kirche in der Gegenwart spielen kann. Das Vorhaben wird mit Mitteln des Freistaates Sachsen gefördert.
Ein zentrales Anliegen des Projektes ist es, über die individuellen Geschichten und Erinnerungen die Vielfalt sichtbar zu machen, mit der sich Menschen 1989/90 gesellschaftlich und kirchlich engagierten, politisch beteiligten, an Friedensgebeten, Gesprächskreisen oder Demonstrationen teilnahmen usw. Die Erinnerungen und Erfahrungen können dabei die „große Erzählung“ der Friedlichen Revolution widerspiegeln, von Interesse sind aber vor allem auch die weniger bekannten, individuellen Perspektiven. In der neuen Dresdner Innenstadtkirchgemeinde finden sich viele dieser Zeitzeug*innen und Akteur*innen, die 1989/1990 nicht nur miterlebt, sondern aktiv mitgestaltet haben. Gleichzeitig wächst eine Generation heran, für die die Maximen der Friedlichen Revolution „Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung“ aktueller sind denn je. Beide Generationen werden durch die „Umbruchsgeschichten 1989/90“ zusammenfinden – „Schwerter zu Pflugscharen“ mit „Fridays for Future“.
„In den vergangenen drei Jahrzehnten waren vor allem die prominenten Erzählungen an den politischen Umbruch 1989/90 zu hören. Wir wollen aber auch wissen, wie unsere Gemeindemitglieder, unsere Nachbarn oder die Eltern und Großeltern unserer Konfirmand*innen den Alltag in Dresden erlebt haben, der in dieser politischen Umbruchszeit oft so gar nicht alltäglich war“, so die Projektleiterin Kerstin Lorenz. „Darüber gibt es nur wenige Zeugnisse. Eines davon ist der Tagebuchband von Thomas Rosenlöcher ‚Die verkauften Pflastersteine‘. Für das Umbruchsgeschichten-Projekt‚ suchen wir Menschen, die uns als Zeitzeug*innen von ihren Erinnerungen an 1989/90 berichten – auch wenn sich viele selbst wahrscheinlich nie als Zeitzeug*innen bezeichnen würden.“ Dabei sei jede(r) mit den ganz persönlichen Erzählungen über die Friedliche Revolution und den Demokratisierungsprozess Zeitzeuge oder Zeitzeugin. Solche Erzählungen können den jungen Generationen veranschaulichen, was es bedeutet haben kann, in einer Umbruchzeit zu leben.
Holger Milkau, Pfarrer an der Kreuzkirche und Vorsitzender des Kirchenvorstandes, fügt hinzu: „Das Projekt kommt für unsere Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Johannes-Kreuz-Lukas Dresden genau zum richtigen Moment. Seit Januar 2020 sind wir zu einer Großgemeinde zusammengeführt worden aus zuvor drei eigenständigen Kirchgemeinden. Es ist daher wichtig, dass wir uns gegenseitig kennenlernen. Wir wollen Gelegenheit schaffen, miteinander ins Gespräch zu kommen und zu diskutieren, welche Rolle Gemeinde und Kirche heute in Stadt und Gesellschaft einnehmen können, sollen oder auch müssen. Wir stehen vor Fragen wie: Wohin wollen wir als neue große Innenstadtgemeinde? Wie können wir gemeinsam handeln? Was bedeutet ‚Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung‘ heute? Wie können wir voneinander beispielsweise als Ortsgemeinden oder generationenübergreifend lernen? Warum dabei also nicht auf die Erfahrungen vergangener Umbrüche zurückgreifen? Deshalb begleitet das Projekt ‚Umbruchsgeschichte(n) 1989/90‘ auch den Gemeindestrukturreformprozess.“
Im weiteren Projektverlauf sollen die Erinnerungen an die Umbruchserfahrungen von 1989/90 in generationenübergreifenden Gesprächen zwischen Jugendlichen aus der Gemeinde und damaligen Akteur*innen ausgetauscht werden. Für eine Fotoausstellung werden die Zeitzeug*innen mit ihren persönlichen Erinnerungsstücken an die Zeit 1989/90 fotografiert und zur dazugehörigen Geschichte ihres Erinnerungsstückes befragt. Die Fotoausstellung wird die Portraits zusammen mit den persönlichen Geschichten zeigen.
Kontakt und noch mehr Infos: https://www.lukaskirche-dresden.de/wir-ueber-uns/demokratie-und-revolution/